Zum vierten Mal kamen am vergangenen Wochenende (12.-14. August 2016) Jugendliche zusammen, die in sächsischen Heimen und Wohngruppen leben. Ziel der Seminarreihe soll es sein,
Das vierte Seminar stand im Zeichen einer Ausstellung, die die Jugendlichen gemeinsam erarbeiten wollen. Die Ausstellung soll sich an Menschen richten, die mehr über die Situation, die Themen und Probleme von „Heimkindern“ erfahren wollen. Dafür haben die Jugendlichen ihre spezifischen Situationen reflektiert: Was schätze ich an meiner Wohngruppe? Was stört mich aber auch an meiner Wohngruppe? Was denken Menschen auf der Straße wohl über Heimkinder? Welche Vorurteile gibt es über Heimkinder? Was denken meine Betreuer_innen über mich? Was weiß ich eigentlich von meinen Betreuer_innen und was wissen diese über mich? Was denken wohl die Teamer_innen von MUSKEPEER über mich? Wie kam es eigentlich dazu, dass ich ins Heim gegangen bin? Wie sieht mein Alltag in der Wohngruppe aus? Warum fahren wir als Wohngruppe eigentlich nie ins Ausland – andere Jugendliche machen das mit ihren Eltern ja auch. Warum habe ich eigentlich keinen Schlüssel zu meiner Wohngruppe? Wie soll ich mit dem geringen Budget klarkommen – wissen die Menschen draußen eigentlich, wie wenig das ist?
Viele dieser Fragen sollen in der Ausstellung thematisiert werden. Die Jugendlichen wollen bis Jahresende eine Wanderausstellung erarbeiten, die dann ab Jahresbeginn 2017 in Sachsen und darüber hinaus gezeigt werden kann. Sie soll den Menschen „draußen“ zeigen, wie es Jugendlichen in Heimen und Wohngruppen geht und was sie hoffen, fordern und wünschen. An insgesamt zwanzig Stationen und Tafeln sollen Geschichten aus dem Alltag, biographische Erzählungen, spezifische Informationen, Mitmachaktionen, Audiobeiträge, ein Video und ein Quiz für Aufklärung sorgen. Diese zwanzig Stationen sind am Wochenende benannt und konzipiert worden. Am Ende haben wir die Ausstellung symbolisch mit Stühlen, Hockern und Leinwänden aufgebaut und geordnet, um deren Dimension in den Blick zu bekommen.
Die Erarbeitung der Ausstellung ist ein sehr herausforderndes Projekt. Zum einen deshalb, weil die Jugendlichen sehr intensiv über ihre jeweiligen Situationen nachdenken und sprechen. Dafür ist die mittlerweile lange Zeit, die die Gruppe miteinander verbracht hat, hilfreich. Zum anderen wird es schlicht viel Arbeit sein, die bis zur Eröffnung zu leisten sein wird. Das ist den Jugendlichen klar – sie wollen daran trotzdem weiter arbeiten.
Einige Jugendlichen aus der MUSKEPEER-Gruppe haben die Jugendhilfe mittlerweile verlassen oder befinden sich „auf dem Absprung“. Sie sind sogenannte Careleaver und haben eine besondere Situation vor sich: Sie sollen auf eigenen Beinen stehen und klarkommen, während ihre Ausgangssituation in der Regel nicht gut ist. Sie stoßen auf z.T. ganz praktische Probleme: Wie soll ich die Kaution für eine eigene Wohnung aufbringen? Wie finde ich einen Bürgen für meine eigene erste Wohnung? Wie werde ich wohl mit der Einsamkeit klarkommen? Sind meine Betreuer_innen weiter für mich da? Bin ich eigentlich schon so weit, allein klarzukommen? Und hier schließt sich der Kreis: Je mehr Kinderrechte in der Jugendhilfe verwirklicht werden, je mehr tatsächliche Beteiligung ermöglicht und gefördert wird, desto besser wirkt Jugendhilfe und desto besser sind die Jugendlichen auf ein selbstbestimmtes Leben vorbereitet. Deshalb dieses Projekt und deshalb auch diese Ausstellung. Das nächste Seminar wird Mitte Oktober in Berlin stattfinden und soll vor allem dazu dienen, die konkreten Inhalte der Ausstellung zu erarbeiten.
Bilder/Fotos: Matthias Coers